ICB: | G01B 11/24; G01C 11/00, G01M 15/14, G01N 21/954, G02B 23/24, G06T 7/593 |
MCD: | G01B 11/24; G01C 11/00, G01M 15/14, G01N 21/954, G02B 23/24, G06T 7/593 |
ICP: | G01B 11/24, G01M 15/14, G01N 21/954, G06T 7/593, H04N 13/239 |
CPC: | G01N 21/954, G06T 7/001, G06T 2207/10012, G06T 2207/10028, G06T 2207/10068, G06T 2207/30164, B64F 5/60, G06T 7/344, G06T 7/70, H04N 13/239 |
Anmeldeland / -nummer / -datum / -art: | DE / 102019100822 / 14.01.2019 / A |
Entgegenhaltungen: | |
DE102011122759A1 | |
US020110267428A1 | |
US020160178532A1 | |
US020180002039A1 |
[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Boroskopinspektion von Bauteilen, insbesondere von Turbinen- und/oder Kompressorschaufeln in einer Gasturbine, wie bspw. einem Flugzeugtriebwerk.
[0002] Im Stand der Technik sind diverse Verfahren zur optischen Inspektion von Gasturbinen, insbesondere von Flugzeugtriebwerken wie Strahltriebwerken, bekannt, bei denen ein Boroskop durch eine seitliche Öffnung in eine vollständig montierte Gasturbine eingeführt wird, um so dann das Innere der Gasturbine optisch inspizieren zu können.
[0003] Aufgrund der im Betrieb auftretenden Belastungen wird eine entsprechende Boroskopie insbesondere für die Inspektion von Turbinen- und Kompressorschaufeln von Flugzeugtriebwerken verwendet. Dazu wird ein Boroskop seitlich in das Flugzeugtriebwerk eingeführt und so im Innern des Gaskanals positioniert, dass eine Schaufel einer Turbinen- oder Kompressorstufe sowie der Anschlussbereich der Triebwerksschaufel - bei größeren Triebwerkschaufeln ein vorgegebener Höhenbereich der Schaufeloberfläche - vollständig im Bildbereich des Boroskop liegt. Die Turbinen- oder Kompressorstufe wird dann rotiert, womit sämtliche Triebwerkschaufeln der entsprechenden Stufe dynamisch vom Boroskop erfasst werden können.
[0004] Die dabei erzeugten Bild- bzw. Videoaufnahmen werden manuell analysiert, um den Bauzustand der Triebwerkschaufeln zu dokumentieren. Bei signifikanten Beschädigungen kann eine manuelle statische 3D-Erfassung einer einzelnen Triebwerkschaufel erfolgen, um die Beschädigungen genauer analysieren zu können. Diese 3D-Erfassung ist jedoch sehr aufwendig und zeitintensiv, sodass sie nur in Ausnahmefällen durchgeführt wird.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Boroskopinspektion eines Bauteils sowie eine dafür ausgebildete Vorrichtung zu schaffen, welche eine verbesserte 3D-Erfassung von Oberflächen im Innern eines Bauteils, insbesondere eines Flugzeugtriebwerks, und eine automatisierte Schadensermittlung aufweisen.
[0006] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gemäß dem Hauptanspruch sowie eine Vorrichtung gemäß dem Anspruch 9. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
[0007] Demnach betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Boroskopinspektion eines Bauteils, bei dem ein Stereoboroskop zur Aufnahme des Bauteils verwendet wird, gekennzeichnet durch die Schritte:
[0008] Weiterhin betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Boroskopinspektion eines Bauteils umfassend ein Stereoboroskop und eine damit verbundene Rechnereinheit mit Zugriff auf einem Speicher umfassend ein 3D-CAD-Referenzmodell des zu inspizierenden Bauteils, wobei die Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet ist.
[0009] Zunächst werden einige in Zusammenhang mit der Erfindung verwendete Begriffe erläutert.
[0010] Bei einem ´´Stereoboroskop´´ handelt es sich um ein Boroskop, welches zur stereoskopischen Aufnahme ausgebildet ist. Dazu weist das Stereoboroskop zwei voneinander beabstandete Bilderfassungseinheiten auf, deren Aufnahmekegel in einer Aufnahmeebene überlappen, sodass sich in der Aufnahmeebene ein gemeinsamer Aufnahmebereich ergibt, der von beiden Aufnahmekegeln erfasst wird. Das Ergebnis der beiden Bilderfassungseinheiten sind zunächst ´´2D-Bilddaten´´, also eine rasterförmige Anordnung von Bildpunkten, die entweder Farbinformationen oder Helligkeitsinformationen (Graustufen) aufweisen. Aufgrund des Abstandes der beiden Bilderfassungseinheiten und dem daraus resultierenden abweichenden Sichtwinkel auf den Aufnahmebereich können für praktisch jeden Punkt im Aufnahmebereich mithilfe von Triangulation der Abstand von den Bilderfassungseinheiten als ´´3D-Triangulationsdaten´´ ermittelt werden. Dazu geeignete Verfahren sind unter dem Begriff Stereovision bekannt. Aus den Bildinformationen kann zusammen mit den 3D-Triangulationsdaten ein 3D-Modell des von dem Boroskop aufgenommenen Gegenstands bzw. Bildbereichs erzeugt werden.
[0011] Das Stereoboroskop kann auf dem Prinzip des ´´Videoskops´´ basieren, bei dem die von einer Optik am freien Ende des Boroskop aufgenommenen Bilder nicht über eine optische Leitung zu einem Okular oder einer Kamera am anderen Ende des Boroskops geleitet werden, sondern mit Hilfe von geeigneten Halbleiterelementen als Bilderfassungseinheiten unmittelbar am freien Ende in elektronische Bildinformationen gewandelt werden, die dann über eine Datenverbindung bspw. an eine Anzeige oder an eine Rechnereinheit zur weiteren Verarbeitung übermittelt werden. Entsprechende Halbleiterelemente, wie optische CCD- oder CMOS-Sensoren, sind im Stand der Technik bekannt. Unmittelbar im Bereich der optischen Halbleiterelemente können noch weitere integrierte Schaltkreise vorgesehen sein, die eine Vorverarbeitung der von den Halbleiterelementen erfassten elektronischen Bildinformationen durchführen können, um bspw. durch Datenreduktion die über die Datenverbindung zu übertragene Datenmenge zu reduzieren. Eine Datenreduktion kann durch Kompression der von den Halbleiterelementen stammenden elektronischen Bildinformationen erreicht werden. Es ist zusätzlich oder alternativ auch möglich, dass der integrierte Schaltkreis, bspw. ein ´´Field Programmable Gate Array´´ (FPGA), aus den elektronischen Bildinformationen diejenigen Daten entfernt, die nicht den letztendlichen, von beiden Halbleiterelementen erfassten gemeinsamen Aufnahmebereich abbilden. Auch können die nachfolgend beschriebenen Berechnungen, wie bspw. die Ermittlung von 3D-Triangulationsdaten oder Erzeugung von 2D-Bilddaten wenigstens teilweise durch einen entsprechenden integrierten Schaltkreis durchgeführt werden. Andere Teilschritte, wie bspw. das Registrieren der 3D-Triangulationsdaten auf ein 3D-CAD-Modell werden bevorzugt durch eine externe Rechnereinheit, wie bspw. einen Computer, durchgeführt, der die dafür erforderlichen Daten über die Datenverbindung vom Stereoboroskop erhält.
[0012] In einem ersten Schritt werden durch das Stereoboroskop zwei stereoskopische Teilbilder erzeugt, indem die Bilderfassungseinheiten gleichzeitig ein Bild des gemeinsamen Aufnahmebereichs bzw. des aufzunehmenden Bauteils oder eines Teils davon erfassen. Die gleichzeitige Erfassung ist vorteilhaft um eventuelle zeitliche Veränderungen zwischen zwei sequentiellen Aufnahmen unmittelbar ausschließen zu können, bspw. weil das aufzunehmende Bauteil bewegt wird. Handelt es sich bei den Bilderfassungseinheiten um Halbleiterelemente ist bevorzugt, wenn diese mit Global Shutter ausgestattet sind, um das Risiko von Bewegungsartefakten zu minimieren.
[0013] Sofern erforderlich können die von den beiden Bilderfassungseinheiten erfassten stereoskopischen Teilbilder anhand einer vorgegebenen Kalibrierung rektifiziert werden, um evtl. Verzerrungen auszugleichen und/oder einen Farbabgleich durchzuführen. Ein entsprechendes Rektifizieren kann die nachfolgenden Berechnungen vereinfachen und/oder die Genauigkeit der Berechnungsergebnisse erhöhen.
[0014] Aus den beiden, ggf. rektifizierten stereoskopischen Teilbildern werden dann 3D-Triangulationsdaten erzeugt. Die dafür erforderlichen Stereovisionsberechnungen und -verfahren sind im Stand der Technik weithin bekannt und benötigen an dieser Stelle keine weiteren Erläuterungen. Im Ergebnis liegen nach der Berechnung zu einer Vielzahl von Punkten im Aufnahmebereich Informationen zu deren Abstand zu den Bilderfassungseinheiten vor.
[0015] Anschließend werden die 3D-Triangulationsdaten auf ein 3D-CAD-Referenzmodell des vom Stereoboroskop erfassten Bauteils registriert. Dazu wird in einem automatisierten Verfahren auf Basis der 3D-Triangulationsdaten ein Projektionspunkt gegenüber dem 3D-CAD-Referenzmodell ermittelt, von dem aus die 3D-Triangulationsdaten am besten mit dem 3D-CAD-Referenzmodell übereinstimmen. In dem der Projektionspunkt unmittelbar aus den 3D-Triangulationsdaten gewonnen wird, können evtl. Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Lage des Projektionspunktes über eine anderswie ermittelte Position des Stereoboroskops bzw. dessen Bilderfassungseinheiten ausgeschlossen werden. Es ist jedoch regelmäßig vorteilhaft, wenn die automatisierte Ermittlung des Projektionspunktes beginnend mit einer bspw. über eine Boroskopführungsvorrichtung ermittelbare Position des Stereoboroskop erfolgt. Auch wenn diese ermittelbare Position aufgrund von Messungenauigkeiten o.Ä. nicht exakt mit dem letztendlichen Projektionspunkt sein mag, so liegt sie im Regelfall dennoch in der Nähe des gesuchten Projektionspunktes. In der Folge kann der gewünschte Projektionspunkt ausgehend von der ermittelbare Position des Stereoboroskop häufig schneller ermittelt werden, als bei einem arbiträren Startpunkt zur Ermittlung des Projektionspunktes. Auch kann durch die Vorgabe der ermittelbaren Position des Stereoboroskop als Startpunkt im Falle, dass grundsätzlich mehrere Projektionspunkte in Frage kommen, zur Eindeutigkeit der Ermittlung des Projektionspunktes beitragen. Die ermittelbare Position umfasst regelmäßig auch die Orientierung der Bilderfassungseinheiten des Stereoboroskops.
[0016] Die Ermittlung des Projektionspunktes kann bspw. erfolgen, indem die Abweichungen zwischen 3D-Triangulationsdaten und 3D-CAD-Referenzmodell minimiert werden, in dem der Projektionspunkt schrittweise verändert wird, bis sich ein gewünschtes Minimum der Abweichungen der einzelnen Punkte der 3D-Triangulationsdaten vom 3D-CAD-Referenzmodell einstellt und/oder die Standardabweichung dieser Abweichungen minimal ist.
[0017] Ist der Projektionspunkt ermittelt, ist es möglich, dass anschließend das 3D-CAD-Referenzmodell entsprechend der 3D-Triangulationsdaten angepasst wird. In anderen Worten sollen Abweichungen, die sich zwischen den 3D-Triangulationsdaten und dem 3D-CAD-Referenzmodell ergeben, bspw. weil sich aus den 3D-Triangulationsdaten eine Verformung des aufgenommenen Bauteils ergibt, in das 3D-CAD-Referenzmodell übernommen werden, damit dieses dann ein möglichst genaues Abbild des Bauteils bietet.
[0018] Unabhängig davon, ob das 3D-CAD-Referenzmodell entsprechend der 3D-Triangulationsdaten angepasst wird oder nicht, werden anschließend die 2D-Bilddaten ausgehend von dem Projektionspunkt auf das Referenzmodell projiziert, um das 3D-CAD-Referenzmodell so zu texturieren. Dazu kann eines der stereoskopischen Teilbilder verwendet werden. Es ist aber bevorzugt, wenn die 2D-Bilddaten durch Überlagerung der beiden stereoskopischen Teilbilder miteinander erzeugt werden, um so evtl. Abschattungseffekte o.Ä. zu reduzieren. In dem die Projektion der 2D-Bilddaten von dem zuvor ermittelten Projektionspunkt aus erfolgt, wird eine gute Übereinstimmung der Projektion der 2D-Bilddaten auf das 3D-Modell mit den tatsächlichen Gegebenheiten des Bauteils erreicht.
[0019] Aufgrund der erfindungsgemäß erreichten Genauigkeit für die Abweichungen der 3D-Triangulationsdaten gegenüber dem 3D-CAD-Referenzmodell sowie für die Projektion der 2D-Bilddaten auf das Referenzmodell, ist abschließend eine automatisierte Ermittlung von Schäden an dem aufgenommenen Bauteil möglich. Dabei können die auf das 3D-CAD-Referenzmodell projizierten 2D-Bilddaten einer Bildanalyse unterzogen werden, mit der sich kleinere Schäden bspw. aufgrund von Veränderungen der Bilddaten gegenüber eines zuvor mit dem erfindungsgemäßen Verfahren dokumentierten Bauteilzustand oder durch Feststellung von Schattenwurf bspw. in Fällen von Rissen ermitteln lassen. Abweichungen der registrierten 3D-Triangulationsdaten vom ursprünglichen 3D-CAD-Referenzmodell oder einem zuvor mit dem erfindungsgemäßen Verfahren dokumentierten Bauteilzustand können ebenfalls auf einen Schaden am Bauteil hinweisen. Da diese Untersuchungen anhand des durch die 2D-Bilddaten texturierten 3D-CAD-Referenzmodells erfolgen, ist eine genaue Lokalisierung eventueller Beschädigungen möglich.
[0020] In vielen Fällen kann ein Bauteil nicht durch eine einzelne Aufnahme mit dem Stereoboroskop erfasst werden. Es ist daher bevorzugt, wenn eine Boroskopführungsvorrichtung vorgesehen ist, mit der sich das Stereoborokop und insbesondere dessen Bilderfassungseinheiten kontrolliert bewegen lassen. Weiterhin ist bevorzugt, wenn diese Boroskopführungsvorrichtung derart gesteuert wird, dass sämtliche vorgegebene Bereiche des Bauteils sequentiell vom Stereoboroskop erfasst werden, wobei die jeweils über stereoskopisches Teilbilderpaar erzeugten 3D-Triangulationsdaten und/oder 2D-Bilddaten mit Hilfe des Referenzmodells vereint werden. Über das Referenzmodell lassen sich - wie beschrieben - die Projektionspunkte zur Registierung der 3D-Triangulationsdaten und/oder der Projektion der 2D-Bilddaten genau ermitteln, sodass bei teilweiser Überlappung von 3D-Triangulationsdaten und/oder 2D-Bilddaten zweier Aufnahmen bekannte Verfahren, wie bspw. Stiching-Verfahren, angewendet werden können, um die Daten verschiedener Aufnahmen mit hoher Genauigkeit zu einem einzigen texturierten 3D-CAD-Referenzmodell zusammenfügen zu können.
[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren ist besonders für die Boroskopinspektion von Schaufeln einer Gasturbine, insbesondere eines Flugzeugtriebwerks, geeignet. Entsprechende Schaufeln sind dabei bekanntermaßen zu ringförmigen Turbinen- oder Kompressorstufen zusammengefasst.
[0022] Aufgrund der üblichen Gleichförmigkeit der Schaufeln einer Turbinen- oder Kompressorstufe lässt sich im Regelfall allein durch die Aufnahme des Stereoboroskops nicht feststellen, welche Schaufel(n) einer Turbinen- oder Kompressorstufe sich tatsächlich im Aufnahmebereich des Stereoboroskops befinden, weshalb die Registrierung der 3D-Triangulationsdaten sowie die anschließende Projektion der 2D-Bilddaten auf das 3D-CAD-Referenzmodells regelmäßig nicht eindeutig möglich ist. Um dem zu entgegnen, ist bevorzugt, wenn bei dem Registrieren der 3D-Triangulationdaten auf das Referenzmodell die tatsächliche Rotationswinkellage der aufzunehmenden Schaufel(n) gegenüber der Rotationsachse der jeweiligen Stufe berücksichtigt wird. In anderen Worten erfolgt die Bestimmung des Projektionspunktes unter Bezugnahme auf die tatsächliche Winkellage der jeweils aufgenommenen Kompressor- oder Turbinenstufe, sodass die letztendliche Registrierung der 3D-Triangulationdaten sowie die Projektion der 2D-Bilddaten auf die tatsächlich aufgenommenen Triebwerksschaufel(n) des 3D-CAD-Referenzmodells der Turbinen- oder Kompressorstufe erfolgt.
[0023] Bei der Boroskopinspektion von Triebwerksschaufeln einer Turbinen- oder Kompressorstufe ist bevorzugt, wenn die Rotationswinkellage der aufzunehmenden Turbinen- oder Kompressorschaufeln derart gesteuert wird, dass sämtliche Turbinen- oder Kompressorschaufeln einer Turbinen- oder Kompressorstufe erfasst werden. Dadurch wird eine automatisierte Erfassung und Schadensanalyse sämtlicher Schaufeln einer Turbinen- oder Kompressorstufe möglich.
[0024] Zur Erläuterung der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
[0025] Die Erfindung wird nun anhand einer vorteilhaften Ausführungsform unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen beispielhaft beschrieben. Es zeigen:
[0026] In Fig. 1 ist ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung 1 während der Verwendung zur Boroskopinspektion eines Triebwerks 80.
[0027] Bei dem im Schnitt dargestellten Triebwerks 80 handelt es sich um Zweiwellen-Triebwerk, bei dem der Fan 81 sowie der Niederdruckkompressor 82 über eine erste Welle 83 mit der Niederdruckturbine 84 drehverbunden ist, während der Hochdruckkompressor 85 über eine zweite Welle 86 mit der Hochdruckturbine 87 drehverbunden ist. Zwischen Hochdruckkompressor 85 und Hochdruckturbine 87 ist die Brennkammer 88 angeordnet.
[0028] Zur Inspektion der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 ist durch eine erste Öffnung 91 in der Bewandung 90 des Triebwerks 80 ein Stereoboroskop 10 eingeführt, dessen freies Ende in Fig. 2 im Detail dargestellt ist.
[0029] Das Stereoboroskop 10 ist als flexibles Boroskop ausgestaltet, bei dem der eigentliche Schaft 11 biegsam ist und durch ein gebogenes Führungsrohr 12 durch die Brennkammer 88 des Triebwerks 80 und zwischen den Leitschaufeln 89 der Hochdruckturbine 87 hindurch geschoben ist. Die Position des Stereoboroskops 10 wird dabei maßgeblich durch das freie Ende 13 des Führungsrohrs 12 bestimmt, welches sich durch die an der Außenseite der Bewandung 90 des Triebwerks 80 befestigte Boroskopführungsvorrichtung 14 steuern lässt. Gleichzeit liefert die Boroskopführungsvorrichtung 14 Informationen über die auf Basis der bei der Boroskopführungsvorrichtung 14 ablesbaren Daten ermittelbare Position des Stereoboroskops 10 gegenüber den Turbinenschaufeln 87'.
[0030] Am freien Ende des Schaftes 11 des Stereoboroskops 10 sind zwei voneinander beabstandete Bilderfassungseinheiten 15, 16 vorgesehen, die derart auf denselben Aufnahmebereich gerichtet sind, dass sie stereoskopische Teilbilder aufnehmen. Bei den Bilderfassungseinheiten 15, 16 handelt es sich um CMOS- oder CCD-Sensoren mit Global oder Rolling Shutter.
[0031] Das Stereoboroskops 10 weist eine Schnittstelle 17 auf, über die die Bilddaten der beiden Bilderfassungseinheiten 15, 16 aber auch die Informationen über die ermittelbare Position des Stereoboroskops 10 an eine übergeordnete Rechnereinheit 20 übermittelt werden können. Über diese Schnittstelle 17 kann das Stereoboroskop 10 auch Steuerungsbefehle von der Rechnereinheit 20 erhalten, um bei Bedarf die Position des Stereoboroskops 10 mit Hilfe der Boroskopführungsvorrichtung 14 zu verändern.
[0032] Darüber hinaus ist mit der Rechnereinheit 20 noch ein weiteres Boroskop 18 verbunden, welches durch eine zweite Öffnung 92 in der Bewandung 90 des Triebwerks 80 eingeführt ist und über Welches die Schaufeln des Hochdruckkompressor 85 beobachtet werden können. Das Boroskop 18 dient im vorliegenden Fall der Feststellung der Rotationswinkellage der Schaufeln des Hochdruckkompressors 85, woraus sich aufgrund der festen Verbindung des Hochdruckkompressors 85 sowie der Hochdruckturbine 87 mit der Welle 86 auch die Rotationswinkellage der Schaufeln 87' der Hochdruckturbine 87 ermitteln lassen. Die die Schaufeln 87' der Hochdruckturbine 87 aufgrund der dort herrschenden Belastung durch die Heißgase aus der Brennkammer 88 regelmäßig kein Individualisierungsmerkmal, welches von dem Stereoboroskop 10 erfasst werden könnte, aufweisen, kann über den Hochdruckkompressor 85, bei dem Entsprechendes eher möglich ist, sowie durch genaue Kenntnis der Lage der beiden Öffnungen 91, 92 in der Bewandung und der über die Boroskopführungsvorrichtung 14 ermittelbare Position dennoch festgestellt werden, welche der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 sich im Aufnahmebereich des Stereoboroskops 10 befindet.
[0033] In Fig. 3a ist sind exemplarisch zwei von den Bilderfassungseinheiten 15, 16 des Stereoboroskops 10 zeitgleich aufgenommenen stereoskopischen Teilbilder dargestellt. Durch unter dem Namen Stereovision bekannte Verfahren lassen sich die beiden stereoskopischen Teilbilder - ggf. nachdem sie rektifiziert wurden, um evtl. Winkelfehler o.ä. zu korrigieren - durch die Rechnereinheiten 20 zu 3D-Triangulationsdaten zusammenfassen, wie sie in Fig. 3b angedeutet sind.
[0034] Mit Hilfe dieser 3D-Triangulationsdaten, die u.a. über die relative Position der Bilderfassungseinheiten 15, 16 gegenüber dem aufgenommenen Objekt Auskunft geben können, wird anschließend aus den 3D-Triangulationsdaten ein Projektionspunkt 31 gegenüber einem 3D-CAD-Referenzmodell 30 der aufzunehmenden Bauteile - hier der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 78 - ermittelt.
[0035] Ein entsprechendes 3D-CAD-Referenzmodell 30 ist schematisch in Fig. 4 gezeigt. Das 3D-CAD-Referenzmodell 30 umfasst dabei sämtliche Turbinenschaufeln 87` der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 und basiert auf den Konstruktionszeichnungen des Triebwerks 80.
[0036] Aufgrund der Gleichförmigkeit der einzelnen Turbinenschaufeln 87' lässt sich allein auf Basis der 3D-Triangulationsdaten keine eindeutige Position des Projektionspunktes 31 bestimmen. Durch die über die Boroskopführungsvorrichtung 14 ermittelbare Position des Stereoboroskops 10 im Innern des Triebwerks 80 lässt sich jedoch zusammen mit der über das Boroskop 92 ermittelbaren Rotationswinkellage der Hochdruckturbine 87 und damit der Turbinenschaufeln 87` eine zumindest ungefähre Position 32 der Bilderfassungseinheiten 15, 16 gegenüber den Triebwerksschaufeln 87` und damit des Projektionspunktes 31 gegenüber dem 3D-CAD-Referenzmodell 30 ermitteln. Diese ungefähre Position 32 wird als Ausgangspunkt für die Ermittlung der tatsächlichen Position des Projektionspunktes 31 herangezogen, wobei dann in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass der Projektionspunkt 31 in der Nähe der ungefähren Position 32 liegt.
[0037] Die 3D-Triangulationsdaten werden ausgehend von dem so ermittelten Projektionspunkt 31 dazu genutzt, das 3D-CAD-Referenzmodell 30 an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. In anderen Worten wird das 3D-CAD-Referenzmodell 30 also derart verändert, dass es mit den 3D-Triangulationsdaten möglichst übereinstimmt.
[0038] Anschließend werden dann durch Überlagerung aus den stereoskopischen Teilbildern gewonnen 2D-Bilddaten ausgehend von dem zuvor ermittelten Projektionspunkt 31 auf das 3D-CAD-Referenzmodell 30 projiziert, wodurch dieses texturiert wird. Das Ergebnis ist in Fig. 3c gezeigt.
[0039] Insbesondere, wenn nacheinander so viele Aufnahmen der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine erstellt und wie beschrieben auf das 3D-CAD-Referenzmodell 30 übertragen wurden, dass ein vollständig texturiertes Modell der gesamten fraglichen Turbinenstufe vorliegt, kann anschließend durch Bildanalyse sowie Abgleich der erfassten tatsächlichen Struktur mit dem originären 3D-CAD-Referenzmodell 30 eine automatisierte Schadensanalyse durchgeführt werden. So lassen sich aufgrund von Verfärbungen in der Textur des Modells kleine Beschädigungen und insbesondere Risse in einzelnen Turbinenschaufeln 87' feststellen, während Abweichungen vom originären 3D-CAD-Referenzmodell 30 auf Verformungen einzelner Turbinenschaufeln 87` hinweisen, die ggf. näher zu begutachten sind. Durch die beschriebene jeweilige Registrierung der 3D-Triangulationsdaten sowie der jeweilige Projektion der 2D-Bilddaten auf diejenige Turbinenschaufel des 3D-CAD-Referenzmodells 30, die sich tatsächlich im Aufnahmebereich des Stereoskops 10 befindet, lässt sich die ggf. beschädigte Turbinenschaufeln 87' anhand des 3D-CAD-Referenzmodells 30 eindeutig bestimmen.
[0040] In Fig. 5 ist ein Verfahrensablauf 100 dargestellt, wie die Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 eines Flugzeugtriebwerks 80, wie es beispielhaft Fig. 1 dargestellt ist, vollständig automatisiert erfasst und auf Schäden untersucht werden können.
[0041] Zum Start 101 des Verfahrens 100 wird davon ausgegangen, dass ein über eine Boroskopführungsvorrichtung 14 hinsichtlich seiner Position steuerbares Stereoboroskop 10 in das Triebwerk 80 eingeführt ist und auf eine der aufzunehmenden Turbinenschaufeln 87` gerichtet ist. Außerdem wird davon ausgegangen, dass neben der über die Boroskopführungsvorrichtung 14 ermittelbaren Position des Stereoboroskops 10 auch die Rotationswinkelposition der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 - bspw. unter Zuhilfenahme des zweiten Boroskops 18 - bekannt ist.
[0042] In Schritt 102 werden die stereoskopischen Teilbilder durch das Stereoboroskop 10 erzeugt. Anschließend werden die erfassten Bilddaten an die Rechnereinheit 20 übermittelt (Schritt 103 ). In der Rechnereinheit 20 werden die stereoskopischen Teilbilder mit Hilfe von Kalibrierungsdaten rektifiziert (Schritt 104).
[0043] Anschließend werden aus den stereoskopischen Teilbildern 3D-Triangulationsdaten gewonnen (Schritt 105), die auf ein 3D-CAD-Referenzmodell 30 registriert werden (Schritt 106). Dazu wird - wie oben in Zusammenhang mit Fig. 4 erläutert - auf Basis der 3D-Triangulationsdaten ein Projektionspunkt 31 ermittelt (Schritt 107), wobei diese Ermittlung, wie in Fig. 4 angedeutet, iterativ erfolgen kann. Nach erfolgter Registrierung der 3D-Triangulationsdaten und somit der Ermittlung des Projektionspunktes 31 werden in Schritt 108 die 2D-Bilddaten der in Schritt 102 erfassten stereoskopischen Teilbilder auf das 3D-CAD-Referenzmodell 30 projiziert. Das so um eine Textur ergänzte 3D-CAD-Referenzmodell 30 wird im Speicher abgelegt (Schritt 109).
[0044] Anschließend wird in Schritt 110 überprüft, ob sämtliche gewünschten Bereiche der Turbinenschaufeln 87' der ersten Stufe der Hochdruckturbine 87 erfasst wurden, wobei auch eine vollständige Aufnahme aller Turbinenschaufeln 87' gewünscht sein kann. Dazu kann bspw. anhand des 3D-CAD-Referenzmodell 30 überprüft werden, ob die fraglichen Bereiche mit 2D-Bilddaten texturiert sind bzw. ob in den fraglichen Bereichen 3D-Triangulationsdaten registriert sind.
[0045] Falls nicht, wird die Position des Stereoboroskops 10 über die Boroskopführungsvorrichtung 14 und/oder die Rotationswinkelposition der Turbinenschaufeln 87` verändert (Schritt 111 ) und die Schritte 102 bis 110 werden solange wiederholt, bis die gewünschten Bereiche vollständig erfasst sind.
[0046] Wird in Schritt 110 festgestellt, dass sämtliche gewünschten Bereiche erfasst sind, werden in Schritten 112 und 113 auf Basis des in Schritt 109 im Speicher abgelegten 3D-CAD-Referenzmodell eine Schadensanalyse durchgeführt. Dazu werden in Schritt 112 die zur Textur des 3D-CAD-Referenzmodell verarbeiteten 2D-Bilddaten sowie - in Schritt 113 - die Abweichungen der 3D-Triangulationsdaten vom originären 3D-CAD-Referenzmodell analysiert, um so evtl. Beschädigungen zu ermitteln.
[0047] Das Verfahren endet in Schritt 114 entweder mit dem Hinweis auf evtl. Schäden oder mit der Mitteilung, dass keine Beschädigungen gefunden wurden.
1. Verfahren zur Boroskopinspektion eines Bauteils, bei dem ein Stereoboroskop
(10) zur Aufnahme des Bauteils verwendet wird, gekennzeichnet durch die Schritte:
- Erzeugen zweier stereoskopischer Teilbilder durch das Stereoboroskop (10) (Schritt
102);
- Berechnung von 3D-Triangulationsdaten aus den stereoskopischen Teilbildern (Schritt
105);
- Registrieren der 3D-Triangulationdaten auf ein 3D-CAD-Referenzmodell (30) des
vom Stereoboroskop (10) erfassten Bauteils unter Ermittlung eines Projektionspunktes
(31) (Schritte 106 und 107);
- Projektion von aus den stereoskopischen Teilbildern ermittelten 2D-Bilddaten auf
das 3D-CAD-Referenzmodell (30) vom ermittelten Projektionspunkt (Schritt 108); und
- Ermitteln von Schäden durch Bildanalyse der projizierten 2D-Bilddaten und durch
Feststellung von Abweichungen der registrierten 3D-Triagulationsdaten gegenüber
dem 3D-CAD-Referenzmodell (30) (Schritte 112 und 113).
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vor Berechnung der 3D-Triangulationsdaten die stereoskopischen Teilbilder anhand einer vorgegebenen Kalibrierung rektifiziert werden (Schritt 104).
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das 3D-CAD-Referenzmodell (30) vor Projektion der 2D-Bilddaten darauf durch die 3D-Triangulationsdaten angepasst wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die 2D-Bilddaten durch Überlagerung der stereoskopischen Teilbilder erzeugt werden.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Ermittlung des Projektionspunktes (31) beginnend mit einer durch eine Boroskopführungsvorrichtung (14) ermittelbare Position (32) des Stereoboroskop (10) erfolgt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder die Boroskopführungsvorrichtung (14) derart gesteuert wird, dass sämtliche vorgegebene Bereiche des Bauteils sequentiell vom Stereoboroskop (10) erfasst werden, wobei die jeweils über stereoskopisches Teilbilderpaar erzeugten 3D-Triangulationsdaten und/oder 2D-Bilddaten mit Hilfe des 3D-CAD-Referenzmodells (30) vereint werden.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem aufzunehmenden Bauteil um Schaufeln (87') einer Gasturbine, vorzugsweise eines Flugzeugtriebwerks (80) handelt, wobei bei der Registrieren der 3D-Triangulationdaten auf das 3D-CAD-Referenzmodell (30) die Rotationswinkellage der aufzunehmenden Schaufeln (87') berücksichtigt werden.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Rotationswinkellage der aufzunehmenden Schaufeln (87') derart gesteuert wird, dass sämtliche Schaufeln (87') einer Turbinen- oder Kompressorstufe erfasst werden.
9. Vorrichtung zur Boroskopinspektion eines Bauteils umfassend ein Stereoboroskop (10) und eine damit verbundene Rechnereinheit (20) mit Zugriff auf einen Speicher umfassend ein 3D-CAD-Referenzmodell (30), wobei die Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4 ausgebildet ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass eine mit der Rechnereinheit (20) verbundene Boroskopführungsvorrichtung (14) zur Führung des Stereoboroskops (10) vorgesehen ist, wobei die Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 5 oder 6 weitergebildet ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zur Ermittlung und Berücksichtigung der Rotationswinkellage von Schaufeln (87') einer Gasturbine, vorzugsweise eines Flugzeugtriebwerks (80) als aufzunehmendes Bauteil ausgebildet und zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 7 oder 8 weitergebildet ist.